24. Juli 2012

Wie Versöhnung in Familien und Beziehungen gelingen kann! Veröffentl. i. Magazin Labertal Rubrik: Miteinander Leben / Sommer, Herbst 2012

Wir sind – mehr als wir wissen – miteinander verbunden.

Wir sind durch und dank Vater und Mutter am Leben und dadurch eingebunden in ein Familiensystem, eine Kultur, ein Land usw…

Ansatz:

  • Aufgrund einer tiefen Bindung lieben Kinder von klein auf ihre Eltern und alles  Ungelöste in der Familie;
  • sie tragen das Schwere in der Familie, z. B. einen frühen Tod eines Mitgliedes, die Trauer und den Schmerz mit und das generationenübergreifend ohne ein Bewusstsein dafür zu haben;
  • das bindet Energie sowohl geistig als auch körperlich

Mit Hilfe der systemischen Arbeit kann man in Aufstellungen durch Rollendarstellungen einen tieferen Einblick in diese unbewussten Verbindungen gewinnen und neue Kraft schöpfen.

Wer oder was gehört nun zu einem Familiensystem?

Geschwister, auch die toten oder abgetriebenen Kinder; die leiblichen Eltern und ihre Geschwister, auch die toten; alle, die Platz gemacht haben, dass dieses System zustande gekommen ist, z. B. frühere

Partner; die Großeltern, die Urgroßeltern bei schwerem Schicksal; alle, die schicksalhaft für das System eine Bedeutung haben.

Dazu gehören z.B. auch traumatische Erlebnisse, Flucht, Vertreibung und Verlust der Heimat, Verlassen des Heimatlandes, Zwangsarbeiter im Betrieb oder Hof und deren ermordete Kinder, die Erlebnisse der Vorfahren im Krieg, v.a. wenn es um Leben und Tod ging sowie Mörder und Opfer.

All das kann zu einer Familie gehören und alles braucht seinen Platz, seine Achtung und Würdigung.

Dabei gelten noch zwei wesentliche Regeln

  1. Jeder, der zur Familie gehört, hat das gleiche Recht auf Zugehörigkeit. Keiner ist besser oder schlechter.
  2. Es gilt eine Rangordnung, wer früher da war, hat Vorrang.

Keiner kann sich an die Stelle eines früheren Mitgliedes der Familie setzen.

Diese Regel wird in unserer Kultur oft verletzt und führt zu vielen Schwierigkeiten.

Sich „Übernehmen“ und „Überheben“ kommt immer daher, dass man für Vorgeordnete etwas trägt.

Vorgehensweise:

Der Teilnehmer eines Aufstellungsseminars formuliert sein Anliegen kurz und präzise. Ausgewählte Stellvertreter fühlen für die jeweilige Person und die für diese Aufstellung wichtigen Personen der Familie, die sie vertreten, obwohl sie diese nicht kennen. Die aufgestellten Personen lassen sich, wenn sie ohne Absicht sind, von einer anderen Kraft bewegen. Dieses Phänomen kann jeder Teilnehmer wahrnehmen.

Dabei wird etwas sichtbar, das für die anwesende Person hilfreich und manchmal überraschend ist. Häufig das, was in ihrer Familie nicht beachtet oder geachtet wurde, wie vergessen war.

Wirkung:

Nach der Aufstellung erfahren Teilnehmer ein vollständigeres Bild von ihrem Familiensystem. Die Wirkungen spürt der Betroffene sofort an den körperlichen Empfindungen, z. B. innere Ruhe , strahlende Augen, mehr Präsenz. Es geht hier um Körperwahrnehmung, um spüren und fühlen.

Die Aufstellung führt Getrenntes zusammen, integriert das bisher Ausgeschlossene und eine heilende Bewegung kommt in Gang.

In Verbindung mit der neu gewonnenen Ordnung in der Familie kann die vorher rückwärts gebundene Liebe in eine nach vorne gerichtete, sehende Liebe übergehen.

Für alle anderen Teilnehmer, die zuschauen, ergeben sich ebenfalls lösende Wirkungen und Einsichten, die ihre Entwicklung fördern.

Jeder Einzelfall ist anders und Aufstellungen sind nicht wiederholbar, es gilt von Fall zu Fall zu finden, was wirkt und hilft.

Leitung:

Die Haltung des Leiters gleicht hier der eines Phänomenologen. D.h. er setzt sich dem, was sich zeigt, aus, einfach, wie es ist und wie es war, wird innerlich leer, verzichtet auf Absicht, Vorstellungen, Wertungen, Wissen und Furcht.

Dann zeigt sich plötzlich der nächste wesentliche Schritt.

Beim Familienstellen lassen wir uns leiten von dem, was wirkt und versöhnend verbindet.

Beispiel:

Es kann z. B. vorkommen, dass einer Person, die bisher mit den Eltern oder den Geschwistern nicht ausgekommen ist, ja sie sogar ablehnte oder besser sein wollte, bewusst wird, wo ihr gemäßer Platz im Familiensystem ist und diesen einnimmt und so mit einem veränderten Standort einen neuen Blick entwickelt und plötzlich Frieden entsteht zwischen ihr und ihrer Familie.

Ausblick:

Die systemische Arbeit mit Aufstellungen entwickelt sich ständig weiter.

Sie wird neben Paar- und Familienthemen auch in anderen Bereichen des Lebens wie, Arbeit/Beruf, Schule, Erbe erfolgreich angewandt. Viele Unternehmen, Firmen und Organisationen nutzen diese Methode , die inzwischen weltweit Anerkennung gefunden hat.

Hermann Furthmeier